Sonntag, 14. September 2008

Politisches und ideologisches

Eigentlich sollte der naechste Post ueber was anderes gehen, aber aufgrund der aktuellen politischen Ereignisse hier in Bolivien stelle ich de vielen Dinge die in der letzten Zeit erlebt wurden mal zurueck und stelle mich stattdessen als Aussenreporter zum bevorstehenden Buergerkrieg in Bolivien zur Verfuegung.

Also erstmal e kurze Zusammenfassung fuer diejenigen die nicht wissen worums geht. Der aktuelle Praesident Boliviens, Evo Morales, wurde vor geraumer Zeit gewaehlt. Das besondere daran, erkommt aus aermlichen Verhaeltnissen und gehoert selber der indigenen Bevoelkerung die zwar zahlenmaessig die Mehrheit bildet, allerdings hauptsaechlich die wirtschaftlich schwachen Regionen bewohnt und deshalb keine Kohlen hat.

Evo Morales

Jetzt ist der Morales nen Sozi uebelster Sorte, was der indigenen Bevoelkerung natuerlich gefaellt da der wohl die reichen Leute enteignet (hab ich so am rande gehoert, weiss nicht ob das stimmt) und an deren Vermoegen bzw. Einnahmen rangeht. Das macht er ueber hoehere Besteuerung von Erdgas und Oel das in den Regionen vorkommt die von den Weissen und Mestizen etc. bewohnt werden. Dabei handelt es sich hauptsaechlich um den Osten des Landes. Natuerlich haben die Reichen wie immer kein Bock drauf an die ihrer Meinung nach faulen Saecke im Hochland zu bezahlen waehrend die Leute im Hochland das natuerlich nur Recht und billig finden. Da die Reichen sich da ziemlich gegen gewehrt haben hat Morales sich anfang August vom Volk im Amt bestaetigen lassen. Das ist ihm auch mit 67% der Stimmen gelungen.

Da die Reichen Tieflaender aber schlechte Verlierer sind und die Ueberlegenheit der Demokratie ueber die Rassenherrschaft der Weissen nicht akzeptieren wollen haben sich 4 Provinzen unabhaengig erklaert. Seit ein bis zwei Wochen spitzt sich die Lage jetzt zu. Die Tieflaender haben die Gaslieferungen runtergefahren waehrend die Hochlaender die Hauptstaedte der moechtegernautonomen Provinzen teilweise blockieren. Eskaliert ist das ganze ungefaehr letzten Mittwoch als es die ersten Toten und Verletzten bei Ausschreitungen gab.

Aus meiner Sicht stehen die hier ganz kurz vor einem Buergerkrieg. Ich war die letzten 2 Tage in Cochabamba, eine der Regimetreuen Staedte und Provinzen, und hab mir das da mal son bisschen angesehen. Die Regimetreuen, die natuerlich nix von der Autonomitaet der reichen Provinzen halten, schliesslich geht da ne Menge Geld bei verloren, aehh... ich meine natuerlich die Einigkeit des Landes ist in Gefahr, organisieren neben den Blockaden schon die ersten Gegenaktionen. So zum Beispiel diese gut besuchte Infotafel auf dem "Plaza de 14 Septiembre" in Cochabamba.

Infotafel

Auf diesen infotafeln holt sich das Volk dann die neusten Informationen ueber die Kapitalisten und Faschisten wie sie auf den Zeitungsausschnitten in roter Farbe tituliert werden. Ausserdem bekommt jeder zweite Demonstrant in den Zeitungen von den objektiven Beobachtern und Informationssammlern ein Hakenkreuz auf den Bauch gepinselt.

Als ich dann gestern so interessiert ueber den Platz gestefelt bin hat mich der Haupredefuehrer der Gegenbewegung und zukuenftiger Kandidat fuer das Praefekturat angesprochen. Zum Glueck bin ich Deutscher, als Amerikaner haett ich ihm was vorluegen mussen, und so musste ih mich nichtmal verstellen. Er war direkt ganz begeistert, Deutschland sei ja so toll und es bildete sich bald eine Menschentraube aus 20 Peronen denen ich ausgiebigst im wahrscheinlich gebrochensten Spanisch das die Kollegen je gehoert haben vom deutschen Sozialsystem erzaehlt habe. Da dachte ich ja noch das se halt alles ne Frage der Ideologien, hier die Kapitalisten und dort die Sozis. Aber dann kam natuerlich die alles entscheidende Frage: "Was haelst denn du von Hitler?" Ich so: "Ja, nicht so klasse, ne? Krieg und Gaskammern und so." Darauf der Kommunistennazi: "Ich bewunder Hitler! Das war mal ein starker Mann an der Spitze eines Staates!"

Ich mit den Kommunistennazis, der Typ mit
Hut ist der Praefektenkandidat

Da sind mir fast Ohren ab- und gleichzeitig Augen ausgefallen. Erst schmieren die auf ihren Zeitungsausschitten alles mit Hakenkreuzen voll und bezeichnen alles was ihnen nicht passt als Faschisten und dann wollen die mir erzaehlen Hitler sei mal nen ordentlicher Staatsmann gewesen? Meinte ich also drauf: "Ja, aber Krieg ist doch jetzt nicht so pralle und da hat der gute Adolf ja schonmal ordentlich zugeschlagen." Kommunistennazi (KN): "Ja, aber Deutschland war vorher doch im Eier vom 1. Weltkrieg, kein Fortschritt ohne Opfer!" Meinte ich: "Ja, hat er direkt mal nen paar Juden geopfert der gute Fuehrer." Darauf der KN: "Ja, ist doch nicht so wild. Das sind eh alles ueble Kapitalisten!" Und so Leute plaedieren fuer Gleichheit der Rassen? Ok, Jude zu sein hat nix mit Rasse zu tun, vielleicht ist das deren Argumentationskette? Amis sind boese und Juden halt auch?

Alle anderen haben zustimmend genickt und einer meinte: "Ja, ich weiss ja das man da in Deutschland nicht so drueber redet. Da ist Hitler boese, aber das ist doch nur von den Amis gemacht! In Wahrheit war der nen prima Kumpel!"

Darauf habe ich dann entschieden lieber weiter ueber das deutsche Sozialsystem zu sprechen statt mich auf irgendwelche sinnlose Diskussionen einzulassen. Achja, bin auch noch gefragt worden ob ich mich als Arier den Leuten da ueberlegen fuehlen wuerde. Selbst wenn, bin ich so bescheuert und erzaehl das nem eh schon aufgewuehltem Mob?

Also man trifft hier ja immer wieder hoffnungslose Optimisten die einem erzaehlen: "Ja, morgen ist das mit den Blockaden zu Ende, das dauert nicht mehr lang dann ist wieder alles in Ordnung!" So entstehen Buergerkriege sag ich nur. Meiner Meinung ist die Lage weit davon entfernt entschaerft zu werden. Im Gegenteil, die wird von manchen Leuten die man auch als Demagogen bezeichnen koennte noch ordentlich angeheizt. Das geht hier bald richtig ab, ud deshalb bleibe ich auch im Westen des Landes und sehe zu das ich innerhalb der naechsten Woche in Chile bin. Schade eigentlich, ist nen schoenes Land, aber das ist halt der Mensch.

So, um im naechsten Beitrag nicht nochmal auf Cochabamba zurueckkommen zu muessen hier nochmal die harten Fakten zu der Stadt. Zum einen gibts hier so nen Jesus wie in Rio, sogar noch bissel groesser. Brauch also das neue Weltwunder in Rio nicht mehr gucken zu gehen :)

Stefan und der Cristo de Concordia

Ansonsten wirkt Cochabamba eher reicher, aber viel zu sehen gibts da nicht. An diesem Wochenende ist da irgendeine Festivitaet, gestern gabs den ganzen tag ueber Paraden durch die Stadt und ich hab erstmal genug von Trommelmusik. Tourstisches gibts bis auf den Jesus nur noch ein naturkundliches Museum, dass aber eher als winzig zu bezeichnen ist. Schoene Mumie kann man da betrachten.

Mumien im Naturkundemuseum

Fuer alle dies irgendwann mal dahin verschlagen sollte kann ich noch den leckeren Obstsalat vom Futtermarkt empfehlen. So ne Mueslischuessel voll mit Sahne oder Eis fuer 70 Eurocent, Spottpreis also. Und lecker ist er noch dazu. Ist schoen, da an sich wahrscheinlich die Zeit eh am besten mit essen vertreibt.

Zum Abshluss hier noch ein Bild aus einer Kirche in La Paz was ich recht krass fand. Die ganzen Plaketen an den Waenden sind von Leuten die sich fuer die Erfuellung ihrer Gebete bedanken. Die anderen Waende sind uebrigens auch so voll.

Kirche in La Paz

4 Kommentare:

T! hat gesagt…

dann mach dich mal ans werk und werde der deutsche che guevara. so eine chance bietet sich nicht oft

Anonym hat gesagt…

¡Ay caramba! So machts das Reisen Spaß :-)
C!

T! hat gesagt…

Steff Guevara

Steff hat gesagt…

¡Hasta la victoria siempre!